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Warum eigentlich Schulen?

8. Januar 2018

Schüler sind gestresster denn je – sicher nicht nur dank mit Kursen vollgestopfter Kalender. In a nutshell, was soll Schule leisten und warum leisten sich Gesellschaften überhaupt Schulen? Hierzu ein kleines Fundstück aus „1000 Jahre Schule“ (S. 9).

Würde man weitere Spuren in der Geschichte verfolgen, dann käme man wahrscheinlich zu dem Ergebnis, daß immer dann Einrichtungen zur Vermittlung bestimmter Kenntnisse und Fähigkeiten geschaffen worden sind, wenn es der heranwachsenden Generation nicht mehr gelang, im Alltag all das wie von selbst zu lernen, was sie für ihr Leben brauchte oder was die Erwachsenen von ihr erwarteten.

Eine bemerkenswerte Herausforderung für die sogenannte digitale Gesellschaft, die selbst nur schwer sagen kann, was sie in fünf Jahren braucht und in der manche Jüngeren kompetenter im Umgang sind mit Medien, vor denen die erwachsenen Generationen Angst haben.

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6 Kommentare leave one →
  1. 8. Januar 2018 5:49 pm

    Ich glaube tatsächlich, dass man sich fragen kann/muss, inwiefern „Schule“ als Konzept überhaupt noch angemessen ist. Und wieviele Jahre diese bei uns in Österreich von Maria Theresia eingeführte Institution in unserer Gesellschaft nun überhaupt noch vor sich hat. Ich vermute es sind wesentlich weniger Jahre als die meisten glauben.

    Ich tendiere dann aber selbst auch dazu nicht ganz so utopisch zu sein und doch noch festzuhalten und zu glauben, dass wir weiterhin „Orte“ brauchen, an denen Kinder und Jugendliche sehr viel gemeinsame Freizeit miteinander verbringen, Projekte gemeinsam und mit Erwachsenen vorantreiben und ja, ein paar Stunden pro Tag Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben, Rechnen „erlernen“. Aber in Wahrheit kann man ja auch das viel leichter, indem man es aus konkretem Grund, mit Anlass, also verbunden mit konkreten, interessanten Aufgaben einfach „tut“. Meine Töchter können „lesen“, weil sie eben zB gelernt haben Geschichten spannend zu finden, sie können über die Bildung von korrekten Sätzen hinaus „schreiben“, weil sie zB mit Freundinnen ganze Drehbücher verfassen und dann gemeinsam aufnehmen. Und sie „rechnen“ natürlich, weil man das sowieso für alles Mögliche (z.B. Schneidern, Basteln, Kochen) ununterbrochen braucht. Und dank Netflix war auch Englisch binnen sehr kurzer Zeit erledigt: for all practical purposes. Sie spielen mit der Fremdsprache und flechten englische Phrasen in unsere Alltagssprache ein. Immer unterhaltsam und humorvoll. 🙂

    Und ja, dann gehen sie natürlich auch in die Schule. Eh gern sogar. Aber ich denk mir oft, es ist enorm viel Zeit, die, wenn „Schule“ in oben beschriebenem Modus mehr ein „Ort“ wäre einander zu treffen um *Lichtjahre* produktiver genutzt werden könnte. Und dabei um Lichtjahre mehr Freude machen würde. Das Mindset, das Michael Moore’s „Where To Invade Next“ am Beispiel der finnischen Schulen zeigt kommt dem schon recht nahe. Um das „umzusetzen“ braucht es aber vor allem ein Mindset, das wir nicht einfach so „einführen“ können. Wir hinken da den Skandinaviern leider mindestens eine Generation hintennach…

  2. 8. Januar 2018 7:00 pm

    Ich habe mir heute eine Pädagogikvorlesung angehört und fand sehr erhellend den Eingangskommentar: So lang es die moderne Schule* gibt, hat es auch Reformversuche gegeben – Schule und Schulreform entsteht parallel.

    Das Problem, das du beschreibst, ist das der schlecht überzeugenden Simulation: Man soll z.B. Sätze stammeln, aber das ganze bleibt technisch, weil es weder zwischen mir noch dem gegenüber ein echtes Kommunikationsanliegen gibt. Als ich noch Englisch unterrichtet habe, war das ein stetes Problem: Die österreichischen Studierenden sollen Englisch miteinander reden – sobald aber auch nur ein finnischer Austauschstudent dabei war, platze dieser Absurditätsknoten.

    Wenn es allerdings gar keine Schule mehr gäbe und man das Lernen, wie in deinem Beispiel, dem Zuhause überließe, gäbe es zu viele, die gar nichts lernten (ja, es gibt Haushalte ohne ein einziges Buch)- und da sind wir wieder bei dem, was man minimal können muss, um das Wissen sich anzueignen, um an der Gesellschaft zu partizipieren bzw. umgekehrt in dieser nützlich zu sein. Drum bin ich sicher, dass Schule noch eine ganze Weile bleibt

    P.S.: Es freut mich, dass du es mitkriegst, wenn ich alle drei Jahre mal wieder etwas schreibe:)

  3. 8. Januar 2018 8:35 pm

    Ich bin da voll bei dir… deshalb schreibe ich ja oben, „dass wir weiterhin Orte brauchen, an denen Kinder und Jugendliche sehr viel gemeinsame Freizeit miteinander verbringen…, Projekte erarbeiten“ etc. Mit meiner Erzählung von meinen Kindern habe ich nicht vertreten wollen, dass man das Lernen dem Zuhause überlassen kann. Ich wollte eigentlich mehr illustrieren, dass *meine* Kinder die wertvollsten Dinge nicht in der Schule lernen… eben daher denke ich es bräuchte „Orte“ ausserhalb der eigenen Familie, an die man gerne geht und jeden Tag dort viel Zeit mit anderen Kindern und Jugendlichen und gebildeten Erwachsenen verbringen kann. Aber dieser Ort muss weder Schule heissen noch sich auch nur entfernt so anfühlen wie sich Schule heute anfühlt. Aber er soll Möglichkeiten bieten und eine Atmosphäre schaffen, in der Kinder und Erwachsene die Bildungsferne mancher Elternhäuser tagsüber ein wenig vergessen können.

    PS: Freut mich, dass Dich das freut! Und freut mich auch, dass ich das mitkrieg! 🙂 Ich bin noch immer per Mail abonniert auf deinem Blog aus einer Zeit in der ich das noch so gemacht hab! Also sei Dir bewusst, dass was auch immer Du hier schreibst, ich lese mit! Solang Du nicht zuviel schreibst. 🙂

  4. 8. Januar 2018 10:11 pm

    Ja, habe primär weitergedacht – wenn es Schule nicht braucht, kann man die abschaffen? Insgeheim glaube ich, man könnte viel davon abschaffen und manches erst später lernen, wenn es einen ernsthaft interessiert. an sehr wenig von dem, was ich in der schule gelernt habe, habe ich später anknüpfen können.
    p.s.: zu viel schreiben: I wish!

  5. 10. Januar 2018 9:03 am

    In der Doku von Michael Moore „Where to invade next“ geht er u.a. der Frage nach, was das finnische Schulphänomen ausmacht. Dabei kommen auch Lehrer zu Wort und man sieht den Alltag in einer finnischen Schule. Die Quintessenz lautete, man solle die Kinder wieder Kinder sein lassen und die Schulstunden minimieren. Allerhand, nicht? Aber was natürlich auffällt, ist die kulturell-sprachlich homogene Gesellschaft in Finnland. Alle ziehen an einem Strang, wenn man so will und das macht vieles nun mal einfacher. Dieser Umstand wird von Moore freilich nicht erwähnt.

    Schule, auch das sollte man nicht aus den Augen verlieren, war damals (wie heute) eine Möglichkeit, Bürger von Kindesbeinen an zu formen – zum Guten wie zum Schlechten. Struktur und Ablauf erinnern nicht zufällig an eine Fabrik. Diesbezüglich empfehlenswert der Vortrag von von Sir Ken Robinson, Do schools kill creativity?, TED Talk vom Februar 2006.

  6. 10. Januar 2018 9:24 am

    Zur „kulturell-sprachlich homogenen Gesellschaft“ in Finnland. Das wird ja oft als Argument verwendet, dass es halt in Österreich viel schwieriger sei. Und dass es schwieriger ist stimmt ja zweifellos, dem kann man ja kaum etwas entgegenhalten. Und dann kommt da aber doch der Gedanke in meinen Kopf, dass es sich auch um eine „willkommene Ausrede“ handeln könnte – zumindest zum guten Teil. Denn ich kann anekdotisch belegen, dass als ich in die Schule ging die Gesellschaft „kulturell-sprachlich noch deutlich „homogener“ war, der Schulbesuch bei uns aber eher noch sinnbefreiter als heute. 🙂 (Danke für den Hinweis auf den TED Talk, werd ich mir bei Gelegenheit ansehen!)

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