Vom Flashmob zu #unibrennt: Kollektive Organisation in Realtime
Heute gegen (Sonntag-)Mittag habe ich den Rechner wieder eingeschaltet und die Livestreaming-URL der Unibesetzung – ustream.tv/channel/unsereuni – aufgerufen. Schon gestern konnte sich die Zahl der per Web Zusehenden mit um die vier- bis fünfhundert sehen lassen – als ich heute morgen reinschaute, lag sie bei um die neunhundertfünfzig. (Update: mehrfach wurde bereits die 2000er Marke überschritten, erstmals am Sonntag abend, 25.10.).
Dieser Protest organisiert sich anders, als die öffentlichen Meinungsführer das gewohnt sind. Da deren Maßstäbe die alten sind, ziehen sie auch inadäquate Schlussfolgerungen – im Kern steht für sie die Frage, ob das, was da passiert politisch ist, eine Frage, die maßgeblich beeinflusst, ob man sich den Forderungen stellen muss oder nicht.
Wie ein solcher Versuch, die Proteste aufgrund ihrer Organisationsform von vorneherein ins Lächerliche zu ziehen, aussehen kann, hat exemplarisch Michael Fleischhacker vorgeführt. Ausgehend von der Diskreditierung als „Mischung aus Flashmob-Party und Voodoo-Ideologie im Audimax der Uni Wien, die man als Internetnutzer in Echtzeit verfolgen konnte,“ lässt sich dann, da man diese Manifestationen sowieso nicht ernst nehmen will, auch schnell der Schluss plausibilisieren, dass die „Forderungen, die man aus dem Wust der basisdemokratischen Meinungsflut destillieren kann, an den wirklichen Problemen der österreichischen Universitäten meilenweit vorbei“ gehe.
Diese sich an einer vorgefertigten Annahme, wie das Politische aussehen soll, damit wir es erkennen, aufhängende Bewertung lässt sich bis in Positionen verfolgen, die den Anlass des Protests durchaus ernst nehmen wollen, etwa wenn Armin Wolf auf Twitter schreibt:
@rigardi so weit ich das verfolge: viel Party, recht wenig Politik. Frust über Situation auf Unis ist jedenfalls berechtigt.
Wir erinnern uns an Carol Hanischs zutreffende Feststellung, dass das Persönliche das Politische sei (Essay von 1969, siehe Anmerkung). Des weiteren betrachten wir, welche Punkte es sind, an denen die Kritik von Fleischhacker et al. zuerst ansetzt:
1. Das sind noch nur PARTYSANEN.
Wie objektivieren die Beobachtenden diese Beobachtung? In der Regel gar nicht. Wie gingen die Besetzer früherer Generationen vor? Ließen sie die Medien teilhaben an dem, was sich in den besetzten Gebäuden, in den Hauptquartieren des Widerstands abspielte? Nein. Sie inszenierten sich entweder in plakativen Einzelaktionen, oder die Berichterstattung stellte sie anhand von ausgewählten Einzelaktionen dar, die so plakativ wurden.
Heutzutage aber dreht sich das Innere des Protests nach außen: Handyfotos, Twitternachrichten, Facebookgruppen, mobile Berichterstattung und natürlich der Livestream aus dem Audimax – all das gibt die Möglichkeit, die BesetzerInnen auf Schritte und Tritt zu beobachten.
Auch dann, wenn in früheren Szenarien die Kameras längst verschwunden wären – etwa beim Entspannungsbier am Abend. Man möge bitte nicht so tun, als könnte der Mensch 24 Stunden am Tag in jeweils nur einer seiner oder ihrer vielfältigen Rollen agieren. Nebenbei können wir sicher sein, dass auch die idealisierte Revoluzzergeneration der 1968er nicht immer nüchtern blieb – das weiß auch jeder, doch diese Bilder waren nicht Teil der bevorzugten, radikalen Inszenierung (im Beispiel: die Kommune 1, zu finden auf dem Blog von Rainer Langhans):
Obendrein: Auch den berichtenden Medien selbst stand in früheren Zeiten nicht ein gleiches Volumen an Raum für die Berichterstattung zur Verfügung – mal eben eine schnelle Bildergalerie zum Thema „Audimax-Besetzer: Tanzen bis in die frühe Morgenstunde“ raus zu schießen war da nicht drin. Und die Gefahr der mangelnden Selbstreflexion sollte mitbedacht werden: Allzu gern glaubt man dem, was man selbst kreiert hat, etwa weil sich das Narrativ so schön schließt oder weil es eh in manchen Ecken gut ankommt – und schwierig ist es, die einmal gewählte Einfallsschneise wieder zu verlassen.
2. Die haben doch gar kein PROGRAMM!
Dieser zweite Punkt hängt mit dem ersten zusammen: Ist man von den allerersten Momenten bereits der Berichterstattung ausgesetzt (oder berichtet eben selbst ins Web), dann wird bewertet auf der Basis von etwas, das oft noch nicht mehr als ein Brainstorming ist. Voreilig werden Bewertungen und Verurteilungen vorgenommen – man kann sich jederzeit in den Twitterstream von #unibrennt hineinbegeben und findet dort abschließend Statements wie z.B. das Folgende von @astrodicticum:
@schaffertom Aber Studentenprotest, der nicht mehr ist als Demo und Besetzung ist sinnlos. #unibrennt #unsereuni #audimax http://is.gd/4AKIY
An diesem Protest ist anders, dass man nicht mit ausgearbeiteten Pamphleten angetreten ist, sondern dass das Programm, ausgehend von den ersten Forderungen erst, im Entstehen ist. Er ging nicht von einer abgezirkelten Studierendengruppe aus, sondern war von Anfang an breit angelegt. Es fehlt hier, wie Markus Zachbauer feststellte, der „übliche Auflauf verschiedenster politischer Splitter-Gruppierungen“, sondern es sind „tatsächlich viele ‚Normalos‘, denen die Zustände an der Uni nicht gefallen“. Das Unbehagen in der gegenwärtigen Lage stand am Anfang. Die Protestierenden machen kein Geheimnis daraus, dass sie noch nicht wussten, wie es weitergeht – so ist als Hauptdiskussionspunkt des Plenums vom 23. Oktober, 12:30 Uhr zu lesen:
Diskussionsgrundlage: Was wurde mit der Besetzung begonnen? Wie soll sie weiter gehen? Was wollen wir erreichen?
Und eben dies ist das qualitative Neue, das Spannende an diesem Protest. Wie immer, wenn es um kollektives Agieren geht, greife ich zu meiner abgeschnudelten Taschenbuchausgabe von Pierre Lévys ‚Kollektiver Intelligenz‘ (ein Buch, das mich anfänglich nicht beeindruckt hat, und in dem ich mit fortschreitender Zeit immer mehr Anregungen finde) und lese dort:
The economy [of collective intelligence] will center, as it does already, on that which can never be fully automated, on that which is irreducible: the production of the social bond, the relational. (S. 31). […]
The group relies on political technologies of transcendence when it becomes too large for individuals to know one another by name or comprehend in real time what they are doing as a group. (S. 52) […]
In a system organized around molecular politics, groups are no longer considered as sources of energy to be exploited for their labor but as collective intelligences that develop and redevelop their projects and resources, continuously refine their skillsand attempt to enhance their individual qualities indefinitely. Able to reorganize itself in real time, minimizing delays, deadlines, and friction, the molecular group evolves at room temperature, without sudden change. (S. 53)
Es ist unangebracht, die Proteste auf der Basis der bisher formulierten Forderungen vorzuverurteilen – es wird gearbeitet an den Forderungen, und selbst wenn diese verpuffen sollten, so wird das, was derzeit im Audimax der Uni Wien, in der Akademie der bildenden Künste, in der Vorklinik in Graz und anderen Orten (Turin, evtl. Innsbruck, evtl. München) passiert, nachhaltig sein:
Die Protestierenden arbeiten am ’social bond‘, sägen an den Strukturen der Individualisierung, wo diese sie voneinander getrennt haben, lernen sich in Echtzeit zu ORGANISIEREN (was viel mehr ist, als das an Publika orientierte ‚in Echtzeit beobachten‘, das Fleischhacker ausmachte). Was wir bei Flashmobs gelernt haben, was dort eingeübt wurde, manifestiert sich nun im Politischen.
Die Übertragungen Einzelner ins Web (und was davon in den unternehmerischen Medienformen hängen bleibt) mag in den Riegen der Fleischhackers rein voyeuristisch wahrgenommen werden – der Zweck der Übertragung ist jedoch ein anderer, den es wird denjenigen, die auch betroffen sind, die Möglichkeit gegeben, Gemeinsamkeiten zu entdecken, sich bei Bedarf und Interesse anzuchließen, und zwar über die Grenzen der erwähnten Splittergruppen und Gruppierungen hinaus.Wie gestern getwittert und retweetet wurde:
Meldung aus dem Plenum: Die Ideologie soll vor der Tür bleiben… #unibrennt #unsereuni #audimax
Diese Protestierenden sind keine Vollzeitrevoluzzer – und das ist die große Chance, denn nur so kann ein Protest in den Zeiten des Neoliberalismus dennoch auf eine breite Basis gestellt werden.
Diese neue soziale Qualität wird uns noch lange begleiten: Ich freue mich besonders auf die ersten, aus Seniorenresidenzen und Pflegeheimen organisierten Aktionen. Wider die Vereinzelung – für die Erforschung der Gemeinsamkeiten und die soziale Artikulation auf breiter Basis, auch in den Zeiten desNeoliberalismus (und paradoxerweise durch einige von dessen Technologien möglich werdend).
Bildquelle: „Erkennst du dich wieder?“ Zur Verfügung gestellte „Materialen“ auf freiebildung.at
Anmerkung:
Zusammenfassung von Hanischs Thesen durch Donna M. Bickford:
Carol Hanisch has a brief essay called „The Personal is Political“ in the Redstockings collection *Feminist Revolution* — her essay is dated March
1969 (204-205). The essay defends consciousness-raising against the charge that it is „therapy.“ Hanisch states „One of the first things we discover in these groups is that personal problems are political problems. There are no personal solutions at this time.
Ebenso manifestiert sich das Politische nicht in diskreten Einheiten und ist dann entweder da oder nicht – Bewussteinsbildung gehört bereits dazu. Eine normative Vorstellung des Politischen ist die höchste Stufe der Arroganz, trennt es doch die Handlungsoptionen derjenigen ab, die dieser Vorstellung (noch) nicht entsprechen (indem es sie z.B. ins Lächerliche zieht) und verstellt ihnen so erst recht den Weg in die Sphäre des Politischen.
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Brovo! Sehr schöner Beitrag!
Nur die Politik braucht einsame Zuschauer. Ihre Medien brauchen Skandale. Das Politische braucht Austausch, gemeinsames Reden und Handeln …
Chapeau, Jana! Das kann man lesen und diskutieren, zum Fleischhackerschen ex-cathedra Diskurs kann man höchstens eine Meinung haben.
Danke, Heinz – wirst du am 14.11. in Wien sein zum Wolfgang Lorenz Gedenkpreis? Magst du da eventuell eine ‚Laudatio‘ übernehmen? (Du weißt, welche:)
da wird immer bekritelt, dass die jungen nicht mehr revoluzzer sind und kaum starten sie eine revolte, wird sie ins lächerliche gezogen.
gerade weil es es ein aufstand der „normalos“ ist, ist er interessant und ansich ein wichtiges statement.
@susanne: exactement!
Ich halte das für einen Klassiker (#Tschuldige meinen Hang zur Übertreibung, aber es fühlt sich so an 🙂
Und lese gerade im Anschluß „Die Geschichte kennt Revolutionen leiser Natur. Es müssen zur gesellschaftlichen Umwälzung keineswegs die Köpfe rollen.“
Ich würde sagen, die Zeit ist reif.
@Regine: Guter Lektüretipp, danke! Auch brauchbar in der nicht enden wollenden ‚End of Privacy‘-Debatte:
„Charisma lässt sich nicht mehr durch zeitweilige Abwesenheit steigern, sondern offenbar nur durch Dauerpräsenz in Dauerkommunikation. Das ahnen all jene Abteilungsleiter, Politiker, Musiker und Blogger, die sich einen Freundeskreis auf Facebook, Myspace oder aSmallWorld errichten. Sie ahnen völlig zu Recht, dass Zurückgezogenheit nicht mehr als Ausdruck veredelten Charakters verstanden wird oder gar als Signum schillernder Geheimnisse. Sondern als Arroganz überkommener Macht.“
http://www.zeit.de/2009/44/Gesellschaft-Soziale-Netzwerke
Ja, da bekommt der Twittersche Status-Update gleich einen ganz anderen Klang.
Beide Vorwürfe (Partysanen ohne Programm) sind keineswegs neu und klingen etwas… abgenudelt. Meine erste Assoziation: Hatte ich das gleiche nicht schon zu seligen Lucky-Streik-Zeiten (Deutschland 1997/1998) gehört? Am Tag vier waren wir sogar weniger weit…
… aber das Internet gab es auch schon ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/3/3165/1.html )
Danke für den Hinweis, Lucky-Streik war mir unbekannt (genau in diesen Jahren war ich im verlängerten Auslandsjahr). Internet (bzw. WWW) gab es schon, die Hürden waren freilich noch höher, Mobiltelefone waren gerade unter sich als kritisch verstehenden Studierenden damals noch verpönt – zum damaligen Zeitpunkt wäre eine breite Nutzung von lokativen Medien und Realtime-Anwendungen wohl nicht vorstellbar gewesen.
Danke Jana, für den Blogbeitrag!!! Ich sag hier gehts grad voll ab! Dieser Hilfeaufruf( http://twitter.com/koprax/status/5148465201 ) war erfolgreich. 4 Leute (innerhalb von 2 Stunden) die jetzt ihr Know How und ihre Arbeitskraft in die Bewegung einbringen und damit die AG IT bilden. Ich hab auch einen kurzen Blogbeitrag zum Hilfeaufruf geschrieben ( http://koprax.wordpress.com/2009/10/25/brauchen-dringend-hilfe-im-organisationsteam/ )
Hiermit empfehle ich allen anderen Unis auch um Hilfe zu rufen, wenn sie Hilfe brauchen! Es lohnt sich… 😉
Glückwunsch, Jürgen! Dank Twitter und Livestream etc überträgt sich viel der Energie:)
@Gedenkpreis: Fühle mich geehrt, komme und rede gerne. Was mit der Kritik an Lorenz und tutti quanti begann, schlägt jetzt vielleicht in etwas viel Größeres um!
> Lucky-Streik war mir unbekannt
Oops, sorry, Jana – für mich war das ein zentrales Erlebnis. Eine Funke, die Besetzung in Gießen wegen überfüllter Hörsäale, welcher auf über 100 Hochschule überschlägt, mit Demonstrationstagen mit weit über 100.000 protestierenden Studierenden…
Zugleich der ständige Vergleich mit den 68er, die 97er wären eine Spaß-Demo, Protestzirkus, Kinder der Mediengesellschaft. Spektakulärer Aktionismus ohne „wirkliches“ politisches Programm (nur lauter so konkrete Forderungen).
Ebenso: der erste Protest ohne Gegner, die Umklammerung durch die Politik, damals waren alle PolitikerInnen für die Ziele der Studierenden (nur leider, leider gerade kein Geld, aber später mal…).
Und schließlich der Ärger ob des plötzlichen, simplen Zusammenfallens des Protestes mit den Ferien…
> Internet (bzw. WWW) gab es schon, die Hürden waren freilich noch höher,
Fand ich gerade unter StudentInnen eigentlich sogar weniger… zugegeben, US-Level hatte es damals nicht (ich erinnere mich noch an mein Staunen Anfang 1996, als jede Fernsehwerbung dort mit einer Webadresse verbunden war). Aber die Wohnheime hatten z.B. schnelles Internet, und zugleich: kein Telefon…
> Mobiltelefone waren gerade unter sich als kritisch verstehenden
> Studierenden damals noch verpönt
Da hab ich ein anderes Erleben: ich war Ende 1997 einer der letzten, die sich ein Handy zulegten. Schlicht, weil unsere Wohnheime kein Telefon hatten… (vielleicht natürlich auch wegen zu wenig kritischen StudentInnen?)
> zum damaligen Zeitpunkt wäre eine breite Nutzung von lokativen Medien
> und Realtime-Anwendungen wohl nicht vorstellbar gewesen.
Yep, so ist es (aufgrund der Bandbreite, und aufgrund der damals noch statischen Programmierung von Webseiten, auch wegen der Server-Beschränkungen – allerdings hatte das auch seinen Charme, und ebenso, dass das damals noch alles home-made war, nicht über kommerzielle Unternehmen lief).
Die Frage also: gibt es Lektionen aus dem damaligen Streik für heute (oder auch nicht)?
Mittlerweile versuchen alle Studenten dieses Party-Image der Uni brennt-Aktion „abzuwerfen“ und organisieren sehr interessante Diskussionen, polit. Kino, Vorträge, Theater, usw.! Ich bin selbst seit Do. jeden Tag ab Nachmittag dabei (muss ja auch noch für meine Diplomprüfung lernen;) ) und bin begeistert von der „Revolution“ auf der Hauptuni!
Solidarität!!!!
Liebe Grüße,
Laila
@rosario zu lernen gibt es immer etwas – was meinst, du als zeitgenosse vor Ort? (ich war 1997/98 im postapartheid-Südafrika, da fand ich anderes spannender als zurück nach DE zu blicken).
bei allen persönlichen Technologien ist es wohl so, dass man das nach seinem Umfeld bewertet – bei mir tauchten die mobiltelefone später auf, Facebook dagegen 2007.
@Rosario „Umklammerung durch die Politik“ – möchte ich noch ergänzen: mir fiel damals auch der Politiker-Gestus der pastoralen Hegemonie auf, der sich in solchen Sätzen wie „Ja, wir unterstützen Eure Ziele, aber wenn Ihr es alleine nicht schafft, muss es eben die Politik regeln.“ niederschlug.
Dass Protestaktionen über Social Software Medien organisiert werden, ist nicht mehr ganz was neues. Das können wir uns in Wien leider nicht auf den Hut den schreiben. Wobei das ganze wohl noch neu genug, ist dass es nicht jeder kennt.
Hier zB ein Text von vor einem Jahr zwei Bekannte von mir über Anti-Farc-Proteste in Columbien: http://www.digiactive.org/wp-content/uploads/research1_neumayerraffl.pdf
Noch ein schnippisches Kommentar, das ich mir nicht verkneifen kann. Solltet „ihr“ euch mit der klar gewünschten Abgrenzung nicht mit Ästhetik, Fragen von Story vs. Plot, und dem künstlerischen an sich widmen, anstatt politische Inhalte und gesellschaftlicher Relevanz/Auswirkungen? 🙂
Sehr guter Beitrag.
@Axkibe Ja, sorry, ich wollte nicht von der ‚Erfindung‘ des Social Media Protests sprechen – in Österreich, als der nationalen Gemeinschaft, an der ich aktuell am intensivsten teilhabe, scheint es mir dennoch neu zu sein (nach den Grünen Vorwahlen – aber da ging das Bottom-Up Prinzip ja eher in die Hose).
Zu deinem schnippischen Kommentar: Es ging mir nicht um eine klar gewählte Abgrenzung von Geistes- und Sozialwissenschaften, es ging um die Frage, was zuerst in den Fokus der Aufmerksamkeit tritt, wenn sich die einen oder die anderen mit Medien beschäftigen – das ist im Fall der Medienwissenschaften zunächst der Text, und von da aus dann der Mensch. Zugänge wie „Wie nutzen 19- bis 26-jährige Studierende Mikroblogging, um sich zu organisieren?“ (und welche Datenerhabungsmethoden können wir benutzen, um dies herauszufinden) sind eher nicht die medienwissenschaftlichen.
Deswegen aber zu unterstellen, der Zugang über den Text (z.B. wie wird die Kommunikation über Social Media Plattformen geformt, vermittelt durch welche Textformen kann man andocken? – etwa durch das Auftauchen von Botschaften wie „15 deiner Freunde sind Fans der Audimax-Besetzung geworden“) sei nicht politisch oder nicht in der Lage zu politischen Ausagen zu kommen, halte ich für wenig hilfreich.
@rosario & @regine Aus Gießen gab es nun auch eine Solidaritätserklärung:
http://unibrennt.at/?p=107
besser kann mans nicht zusammenfassen. danke!
Sehr schöne Analyse. Interessant wird vor allem, ob sich das Netz auch an den „Rändern“ als stark genug erweisen wird bzw. wie eng die Maschen des Netzes nachhaltig geknüpft sind. Die kollektive Organisation bedarf des ständigen Inputs aus allen Teilen des Netzes. Das bedeutet, dass absterbende Netzwerkknoten ständig durch neue ersetzt werden müssen. Andernfalls verdichten sich unabhängige Netzwerkknoten zu einem tonangebenden Klumpen und bestimmen definitionsmächtig die Richtung in der es weitergeht.
@blumenau gern geschehen, danke:)
@olli vielleicht muss man dann auch wieder von der netzmetapher wegkommen. richtig ist: es muss immer was neues nachkommen, das anliegen muss offen genugt sein, dass diejenige mit den strukturähnlichen problemen andocken können. man hat mitunter den eindruck, als würden dezidiert linke gruppen dem ganzen etwas entegegen wirken (habe heute im audimax die forderung nach rätedemokratie gelesen, ähnlich ist es mit dem selbstverständnis einiger gruppen als ‚revolutionär‘). wenn diese note tonangebend bleibt, dann wird es schnell ausdünnen.
Hey Digiom,
Vielen Dank für diesen wirklich sehr informativen Artikel! Bis vor kurzem habe ich die #unibrennt-Bewegung nur am Rande verfolgt und dachte, es sei nur ien österreichisches Phänomen und hätte nur mit Problemen in Ö. zu tun. Doch inzwischen ist mir klar geworden, wie sehr sich die Probleme ähneln und wie sie mit den deutschen zusammenhängen, siehe:
http://twitgeridoo.wordpress.com/2009/11/11/vereint-euch-osterreich-deutschland-schuler-studenten-unibrennt-schulebrennt-unsereuni-unsereschule-unserebildung/
Beste Grüße und aufrichtige Solidaritätsbekundungen aus Bonn,
Edward (der btw 1/4 Österreicher ist…)
passt, ich bin 100% piefke:)
Ja, das habe ich mir denken können. 😉
Meine Oma war Österreicherin, aus dem „Heider-Land“ Kärnten (Klagenfurt)…
und dabei war haider oberösterreicher, hat er aber die kärntner gut vergessen machen.