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Meine Menstruationstasse und ich – ein Bericht

6. August 2015

Es genügt ja oft schon, das M-Wort zu verwenden, um in seinem Social Media-Umfeld Salven von *lalalalala*, mimimi und tmi!-Botschaften[1] zu kassieren. Wenn man das M-Wort dann auch noch mit einem Trinkgeschirr (Tasse!) verknüpft, kann man diese Reaktionen noch einmal steigern.

Auf diese Empfindlichkeiten kann ich jetzt allerdings keine Rücksicht nehmen, denn ich habe sie, die MENSTRUATIONSTASSE, endgültig für mich entdeckt und weil es mindestens eine geneigte Leserin gibt, die sich für diesen Bericht interessiert, muss er jetzt auch geschrieben werden.

Eine Menstruationstasse ist genau das, was der Name suggeriert: ein Gefäß, mit dem das Menstruationsblut aufgefangen wird, und zwar innerhalb des Körpers. Damit das geht, werden Menstruationstassen aus weichem, medizinischen Kunststoff hergestellt, so dass man sie falten und in die Vagina einführen kann. Damit sie dort bleiben und ihren Zweck erfüllen können, dürfen sie wiederum nicht zu weich sein und sollten möglichst genau in den jeweiligen Körper hineinpassen.

Wie kommt man nun zu einer Menstruationstasse? In meinem Fall war es ganz einfach: Ich ging in die Drogerie und kaufte eine. Zufällig habe ich letzte Woche beim drogeriemarkt (genau, klein geschrieben) ums Eck Menstruationstassen im Damenhygieneregal entdeckt und in einem Anflug von Neugierde eine gekauft. Kostenpunkt: 16 €, zwei Größen (M und L) waren vorrätig und glücklicherweise habe ich genau die richtige für mich erwischt. Folgende Seite gibt Auskunft über die verschiedenen Größen verschiedener Anbieter.

Und so sieht sie aus, Marke Me Luna, Größe L (nach vaginalen Geburten geeignet – aber keine Sorge, meine Hände sind sehr klein). Wenn man genau hinschaut, sieht man unter dem Rand ein kleines Loch. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich noch eines – diese sollen verhindern, dass sich die Tasse im Körper festsaugt.

Menstrual Cup, CC-BY: Jana Herwig

Wem sie trotzdem noch groß vorkommt: so sieht sie zusammengefaltet aus:

Menstrual Cup, CC-BY: Jana Herwig

Wie verwendet man das Teil aber? Hände waschen, zusammenfalten – es gibt verschiedene Arten von Faltungen – einführen und loslassen, dann ploppt sie von selbst langsam wieder auf und legt sich dabei um den Gebärmutterhals. Daher ist der tatsächliche Umfang kaum zu spüren – die Tasse hat zwar einen größeren Durchmesser als selbst die dicksten Tampons, doch ist sie auch nicht massiv wie diese, sondern schmiegt sich zwischen Scheidenwand und Gebärmutterhals (in meinem Fall jedenfalls ist das jedenfalls so – sie sucht sich dort ganz von selbst ihren Platz, ein maximal tiefgreifendes Justieren war bislang nicht nötig). Ist sie erst mal drin, hat man die nächsten Stunden Ruhe vor den Tagen.

Und das hält wirklich dicht? Ja, das hält tatsächlich dicht! Ich habe etwa anderthalb Tage gebraucht, um die Tasse richtig zu verwenden – was richtig ist, merkt man daran, dass es passt und nichts daneben geht. Der Körperkontakt beim Einsetzen ist schon etwas intensiver, was es am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig macht. Sobald man den Bogen aber einmal raus hat, sitzt und passt es schnell wieder.

Wann muss man dann das nächste Mal aufs Klo? Hinzukommt, dass man sie nicht sehr häufig entleeren muss. In meinem Fall – nach zwei vaginalen Geburten – musste ich schon längst die stärkste Tampongröße verwenden und am ersten Tag ist der Fluss bei mir so stark, dass ich – ja, schon wieder tmi! – mitunter zwei Tampons auf einmal verwendet habe, da sich das Blut sonst woanders seinen Weg gebahnt hätte. An einem solchen starken Flusstag war die Tasse (meine hat ein Volumen von 34 ml) nach zwei Stunden knapp halbvoll – ich hätte sie also noch länger drin lassen können, war aber beim ersten Verwenden auch noch zu neugierig, um so lange zu warten. Wie lange die Tasse vorhält hat man ziemlich schnell raus – an einem weniger starken Tag genügte es zu meiner Überraschung, sie morgens einzusetzen und abends rauszunehmen. Einen Vergleich zum Fassungsvolumen von Tampons vs. Menstruationstassen findet man hier (via omnimodafactura).

Ist das Entleeren nicht sehr messy? Auch das ist reine Übungssache – wenn man die Tasse am Klo sitzend entfernt, kann schon mal nicht mehr viel daneben gehen. Anschließend kann man sie reinigen, indem man sie einfach mit Wasser abspült. Das hat mir anfangs noch Sorgen gemacht – wie würde ich die Tasse etwa auf einem öffentlich Klo ausspülen, ohne den Unmut meiner Klomitbenutzerinnen zu erregen? Aber da man die Tasse wirklich nicht allzu oft leeren muss, fällt auch die Reinigung nicht allzu oft an.

Und wo bewahrt man so eine Menstruationstasse auf? Während den Tagen hat man die Tasse eh dauernd in Verwendung – was sehr praktisch ist, weil man nie wieder mit Tampons oder Binden in der hohlen Hand aufs Klo marschieren muss. Die verschiedenen Tamponvorräte, die ich in allen möglichen Taschen, Rucksäcken, Büros etc- angelegt habe, kann ich jetzt also auflösen. Was man braucht, hat man eh schon dabei. Nachts trage ich die Tasse auch ohne Probleme. Wenn die Tage vorbei sind, wäscht man sie gründlich, kocht sie 2 bis 3 Minuten aus – medizinische Kunststoffe sind zum Auskochen geeignet – und verwahrt sie dann im Beutelchen, das die Hersteller jeweils mitliefern. Sonne mögen Kunststoffe nicht so, da können sie porös werden.

Spürt man da wirklich nichts? Ich kann nur von mir berichten – und ich spüre da in der Tat gar nichts, sogar weniger noch als bei Tampons. Auch im Schwimmbad habe ich die Tasse schon getragen und da ist sie der absolute Knaller – es gibt ja wenig, was so widerwärtig ist wie ein Tampon, der sich im Becken voll Wasser gesogen hat. Mit der Tasse muss man auch nicht mehr darauf achten, dass man die Tamponbändchen – etwa vor dem Saunagang – ordnungsgemäß ins Körperinnere gefaltet hat, denn die Tasse hat kein Bändchen. Stattdessen hat sie – je nach Typ oder Marke – einen kurzen Stiel oder einen Ring, die gerade so im Körper verschwinden, aber immer in Reichweite bleiben. Tatsächlich habe ich sie jetzt auch schon über die Tage hinaus getragen, denn auch allfälliger, den Tagen folgender Ausfluss wird so problemlos aufgefangen.

Und ist das nicht grausig, sein eigenes Blut zu sehen? Das kann ich nun nicht pauschal beantworten. Für mich selbst stelle ich fest, dass ich es ausgesprochen interessant finde, das Blut zu sehen und zum Beispiel auch festzustellen, wie sich Menge, Farbe und Konsistenz über die Tage ändern. Ich möchte sogar vermuten, dass sich mit einer Menstruationstasse erweiterte diagnostische Möglichkeiten bieten – wenn man denn wüsste, wofür welche Konsistenz, Farbe, etc gerade steht. Insofern hoffe ich, dass sich bald ein paar aufstrebende GynäkologInnen dem Gegenstand der Menstruationstasse widmen und eruieren, wie sie in der Gesundheitsvorsorge verwendet werden kann.

Wenn du die Tasse den ganzen Tag drin lässt: Ist das nicht gefährlich? Tampons – das haben wir alle mal in der Packungsbeilage gelesen – dürfen nicht allzu lang im Körper bleiben. Unter ungünstigen Umständen kann es geschehen, dass sich in den Tampons selbst Bakterien vermehren, was im schlimmsten Fall zum Toxic Shock Syndrom (TSS) und zum Tod führen kann. Erst vor kurzem ist auf Vice der Bericht eines an TSS fast verstorbenen Models erschienen, bei dem man nur dankbar sein kann, dass man bislang verschont wurde. Die Betroffene kam im Fall zwar mit dem Leben davon, verlor aber ein Bein. Nach Auskunft von menstruationstasse.net ist weltweit noch von keinem Fall von TSS bei Menstruationstassen berichtet worden – man verweist aber auch darauf, dass TSS selten ist und die Zahl von Frauen, die Tassen verwenden noch so gering ist, dass schwer aufs Generelle geschlossen werden kann. Davon abgesehen: Dass ein gerolltes Watte- und Kunststoffbäuschchen besseren Nährboden für die Vermehrung von Bakterien darstellt als ein Container, der das Blut in seinem Inneren sammelt, erscheint mir naiv erst einmal plausibel.

Du empfiehlst also die Menstruationstasse? Nach meiner bisherigen, erst einzyklischen trizyklischen, aber unmittelbar begeisterten Erfahrung: Ja, unbedingt! Das allerbeste habe ich noch gar nicht erwähnt: Da ich mittlerweile zu großen Tampongrößen greifen musste, ergab es sich gegen Ende der Tage zwangsläufig, dass der Tampon beim Rausziehen noch recht trocken war (kleiner half nicht viel, weil dann mitunter etwas vorbei lief). Und nun gibt es wirklich wenig, was so unangenehm ist wie das Herausziehen eines großen, trockenen Tampons – genau genommen fühlt man sich dabei, als würde sich jeden Moment das Innere der Scheidenwand umstülpen und mit nach außen gezogen werden. Genau dieses Problem hat man bei der Menstruationstasse überhaupt nicht – feuchtes Gummi flutscht einfach immer. Auch grundsätzlich fühlt sich das Vaginalklima mit Tasse gleich viel besser an als mit Tampons. Also Daumen hoch!

Wer sich noch weiter über verschiedene Anbieter und Größen informieren will, dem empfehle ich z.B. die schon genannte Seite menstruationstasse.net. Man kann die Tassen auch im Internet bestellen, etwa direkt bei den einzelnen Herstellern (z.B. Ruby Cup, Lunette, MeLuna, DivaCup, Ladycup) oder auch über die Website erdbeerwoche. Mich haben die spezifischen Shops, die meistens auch wiederverwendbare Textilmonatshygiene vertreiben, bislang eher abgeschreckt – ich verwende die Tasse nun nicht, um ein alternatives Statement abzugeben und ehrlicherweise noch nicht mal, um Müll zu sparen, sondern weil sie praktischer, angenehmer, aufschlussreicher für mich ist. Hätte ich sie nicht gerade in einer Mainstream-Drogerie entdeckt und wäre in der Stimmung gewesen, sie auszuprobieren, hätte ich wohl immer noch keine. Und das wäre echt doof. Insofern: Vielen Dank der glücklichen Gelegenheit!

Wer noch (Link-)Tipps hat, bitte diese gerne in den Kommentaren hinterlassen. Die beiden Bilder oben sind CC-BY und können gerne bei Namensnennung (Jana Herwig) verwendet werden.

[1] tmi = too much information – ein häufig vorgebrachter, verkürzter Einwand von internetaffinen Mitmenschen, dass sie jetzt gar nicht so genau wissen wollten, was man über seine Körperfunktionen zu sagen hat. Aber wie thegrumpygirl erst anmerkte:

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3 Kommentare leave one →
  1. Tirol TV permalink
    8. August 2015 2:31 pm

    Sehr interessant! Merci fürs Schildern dieser unbekannten Welt! Und damit möchte ich auch ein Erratum anbringen: Das ist kein Bericht (gekennzeichnet durch Objektivität und Distanz zum Geschehenen), sondern eine sehr subjektive, weil persönliche Schilderung des Erlebten.

    Empfehlung!

  2. 20. August 2015 12:32 pm

    Korrigiere also: ein Erfahrungsbericht:)

  3. Maya permalink
    1. März 2017 7:46 am

    Danke für deine genaue Review !
    Finde es gut dass du über so ein „Tabuthema“ redest :)!
    Hat mir sehr geholfen ❤

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